Kynurenin - Das Eiweiß, das Stress verursacht!
Stresssymptome stellen sich immer dann ein, wenn der Körper zu viel Leistung erbringen muss. Dazu trägt gleichermaßen psychische wie auch körperliche Überbelastung bei.
Zur besseren Erklärung, zunächst ein kleiner Ausflug in die komplexe Biochemie:
Stresssymptome stehen häufig im Zusammenhang mit niedrigen Serotoninspiegeln. Serotonin, auch bekannt als unser Glückshormon wird biochemisch gebildet durch die Aminosäure L-Tryptophan, ein Eiweiß, das zu Tryptophan und weiter zu 5-Hydroxytryptophan (5-HTP) umgebaut wird. Tryptophan ist die Vorstufe zu Serotonin und kann die Blut-Hirn-Schranke (physiologischen Barriere zwischen Blutkreislauf und Zentralnervensystem) im Gehirn passieren, damit Serotonin als Botenstoff im Gehirn wirken kann. In diesen sehr komplexen Stoffwechselvorgängen spielt Kynurenin auch eine wichtige Rolle. Kynurenin ist eine Eiweißstruktur, die Immunreaktionen unterdrückt und Entzündungsprozesse reguliert, um nach längeren belastenden Phasen das ursprüngliche Gleichgewicht des Immunsystems wiederherzustellen. Hält der Stresszustand an, kommt es zu einer überschießenden Immunsupression und die Kynureninkonzentration steigt an. Dadurch kommt es zu Störungen in der biochemischen Synthese mit der Folge, dass nicht mehr ausreichend Serotonin gebildet werden kann.
Das körpereigene Hormon Serotonin hat Einfluss auf zahlreiche physiologische Prozesse im Körper. Es wirkt hauptsächlich im Zentralnervensystem (Stimmung, Wach-Schlaf-Rhythmus, Sexualverhalten, Appetit, Schmerz, Temperaturregulation), auf Herz- und Kreislauffunktion und auch im Magen-Darm-Trakt.
Eine aktuelle Studie von Schumann, U. et al. (2015) zeigte dies bei körperlichen Stress bei Sportlern mit Übertrainingsyndrom (OTS) im Sport. Dazu wurde bei 27 Patienten mit hoher Trainingsintensität und unerklärlichem Leistungsabfall bei gleichzeitiger Müdigkeit und undefinierbaren Krankheitssymptomen der Kynureninspiegel im Blut untersucht. Als Kontrollgruppe wurden 109 Blutproben gesunder Freizeitsportler genommen.
Es zeigten sich signifikant (um 43 %) höhere Kynureninwerte bei der Sportlergruppe mit OTS im Vergleich zur Kontrollgruppe. Der Kynureninspiegel der Kontrollgruppe veränderte sich kaum.
Diese Studie zeigt, dass körperlicher Stress in Form eines Übertrainings bei unzureichender Regeneration zu einem chronischen Entzündungszustand führt, der eine Gegenregulation des Immunsystems durch erhöhte Kynureninspiegel zur Folge hat. Die dadurch gestörte Bildung von Serotonin erklärt die unspezifischen Symptome, depressiven Zustände und Müdigkeit der Sportler im Verdacht auf Übertraining.
Auch im Rahmen der Stress- und Sportmedizin stellen sich uns im ZSMED immer wieder Sportler mit hoher Trainingsintensität und ähnlichen Symptomen vor. Eine sportmedizinische Anamnese und Beratung, sowie die hormonelle Labordiagnostik sind Teil unseres Therapiekonzeptes. Außerdem führt häufig auch die zelluläre Abklärung der Vitamine und Mikronährstoffe im Blut und eine umfassende Diagnostik des Darms zur Erklärung der Symptome. Anhand dieser Ergebnisse leiten wir dann ein individuelles Therapiekonzept ab.
Quelle:
Schumann, U., Abendroth, D., Zügel, M., Bosnyák, E., Steinacker, JM. (2015). Erhöhte Kynureninspiegel in Patienten mit Übertrainingssyndrom. In:DEUTSCHE ZEITSCHRIFT FÜR SPORTMEDIZIN 66. Jahrgang 7-8/2015. S. 178.